Was braucht es Wein aus Australien, wenn es doch Scheurebe gibt?!

„So, so! Australischer Wein?! Ich bevorzuge ja eine Scheurebe ...“

 

Ich muss einen völlig verwundertes, ja irritierten Gesicht machen, so wie mich mein Gegenüber jetzt mustert. „Ich bin irritiert.“ denke ich. Und nicht nur das, ich bin sogar sprachlos (was selten genug vorkommt), fühle mich überrumpelt und weiß nicht so richtig wie ich reagieren soll.

„Na stimmt doch, oder etwa nicht? Eine deutsche Scheurebe ist doch ein wunderbarer Wein! Was braucht es da australischen?! Steht doch eh schon genug Wein in den Regalen. Völlig unübersichtlich und unnotwendig ist das!“.

Zeit gewinnen, ich will Zeit gewinnen, bevor ich noch unüberlegt antworte. Schließlich soll das ja ein netter Abend werden.

 „Naja .... ich verstehe schon ...“, sage ich. Na klasse! Wie geistreich war das denn bitte?!

„Wir wollen ja mit AustralianBreeze auch nicht in Konkurrenz zu den einheimischen Weinen stehen“ ergänze ich. Schon besser.

„Na was soll das Ganze denn dann?“ kommt es zurück.

„Die Scheurebe geht ja in die Richtung Sauvignon Blanc und da haben wir gar keinen im Angebot.“ Weiter komme ich nicht.

„Wenn schon, dann geht Sauvignon Blanc in Richtung Scheurebe. Sind ja eh alles nur nachgemachte Weine, die da aus der sogenannten neuen Welt kommen“, höre ich meinen Gesprächspartner kritisch sagen.

Und da ist es dann wieder, dieses fast gönnerhafte Schmunzeln, welches ich jetzt schon so oft gesehen habe, seit wir mit AustralianBreeze am Start sind.

Das Schmunzel breitet sich zu einem „Na, da weißt du jetzt nicht mehr was du sagen sollst“-Lächeln aus und ich merke wie es in mir zu rumoren beginnt.

„Ich glaubs nicht! Wir befinden uns doch nicht in einem Ausscheidungswettkampf der Weine! Für uns geht es doch nicht um australisch oder deutsch, französisch, spanisch, italienisch, amerikanisch oder südafrikanisch. Warum auch? Haben wir jetzt mittlerweile selbst ein Immigrationsthema beim Wein? Strafzölle! Wie wäre es mit Strafzöllen?!

Uns geht es ausschließlich darum, nach unserer Rückkehr ein Stück Australien für uns zu bewahren und andere daran teilhaben zu lassen, so sie es denn möchten. Wir werden niemanden mit vorgehaltener Pistole dazu  zwingen, ab sofort nur noch australische Weine zu trinken! Und wer nicht will der hat eben schon! Wie kann eine solche Unbeweglichkeit im Kopf nur entstehen? Viel wichtiger: wie bekommt man sie wieder los und findet zurück zu einem offenen Gemüt, ohne Vorurteile und ohne dieses Schrebergartendenken, mit dem ich mich konfrontiert fühle?“

 

Das alles denke ich mir nur. Ich habe überhaupt keine Lust auf eine Diskussion dieser Art, sondern will einfach eine schöne Zeit, in geselliger Runde verbringen. 

Während des Schreibens dieses Blogs in der Vinothek Dasslers, Herzogenaurach.
Während des Schreibens dieses Blogs in der Vinothek Dasslers, Herzogenaurach.

Kathrin und ich hatten uns für den Abend mit Freunden in einer Nürnberger Bar verabredet. Nach einer Woche, die einer einzigen Terminhatz glich, hatte ich mich auf einen entspannten Abend, bei dem ein oder anderen Glas Rot- oder Weißwein gefreut. Je nachdem, nach was mir gerade der Sinn stehen würde. Nicht ganz uneigennützig hatten wir uns ein Lokal ausgesucht, in dem auch unsere Weine von Angullong, Bimbadgen und Ross Hill ausgeschenkt werden.

Die Begrüßung viel herzlich aus! Wie immer. Ich kann die beiden, nennen wir sie Julia und Tim, wirklich sehr gut leiden. Beide sind wunderbar unkompliziert, humorvoll und geistreich. Zudem sind sie noch Genussmenschen, genau wie wir. Die Qualität bei dem was wir essen und trinken hat bei uns einen sehr hohen Stellenwert. Tim ist in der Fahrzeugbranche und sagte einmal zu mir: „Für ihre Autos benutzen die Menschen die teuersten Poliermittel, verwenden nur das beste Öl und achten wie Eulen bei der Jagd auf jedes Geräusch aus dem Motorraum. Unsere Karosserie und unser Motor ist unser Körper bzw. unsere Gesundheit. Warum sollten wir also beim Essen und Trinken weniger Sorgfalt walten lassen, als es andere bei ihren Autos tun?“

Recht hat er!

Julia und Tim haben Fiona und Teo mit im Schlepptau. Alle vier liefen sich zufällig über den Weg und Teo fand es spontan eine gute Idee uns durch seine Anwesenheit den Abend zu verschönern. Prima!

 

„Was macht es für einen Unterschied, ob die Scheurebe in Richtung Sauvignon Blanc geht oder andersherum?“ überlege ich. „Am Ende zählt doch Geschmack und Qualität, oder meinst du nicht?“ frage ich Teo.

„Und über Geschmäcker lässt sich bekanntlich nicht streiten. Auch beim Wein nicht. Ein Hoch auf jeden Riesling, Bacchus, Müller-Thurgau, Silvaner, Traminer, Weiß- und Blauburgunder, Malbec, Chardonnay, Shiraz, Cabernet und sonstige Weine, egal woher sie kommen, so lange sie ehrlichem Handwerk entspringen und nicht aus dem Chemielabor stammen, oder mit Zucker versetzt sind. Das wunderbare an guten Weinen ist doch ihre Einzigartigkeit, ihre Individualität. In meinen Augen stellt der Prozess des Weinmachens eine Kunst dar. Was da alles beachtet werden muss! Wieviel Arbeit und Geduld notwendig ist, um großartige Weine zu erschaffen! Wieviel Leidenschaft müssen Weinbauern wie die Crossing’s (Angullong Wines) oder die Robert’s (Ross Hill) für ihr Handwerk haben, um bei der Erzeugung ihrer Weine so viel Hingabe an den Tag zu legen, wie sie es tun?“

 

Ich merke wie ich mich in Rage rede. Das ist nicht gut, schließlich will ich nicht die Stimmung killen.

Jetzt ist es Teo der deutlich überrascht wirkt. Kein Wunder! Die Vehemenz meines kurzen Monologs hat mich selbst ein wenig überrascht. Irgendwie ist es mir sogar etwas peinlich.

„Du brennst ja richtig für deine Australier“ meint er. „Nur für die guten, besonderen, ehrlichen, unverfälschten australischen Weine. Genau wie bei ihren Brüdern und Schwestern von anderen Kontinenten sind das nicht unbedingt die, die du in den Weinregalen der Super- und Großmärkte findest.“

 

Ich sehe mich um und merke, dass Fiona, Julia, Tim und Kathrin bereits an der langen, in gemütich schummriges Licht getauchten und gut besuchten Bar des Lokals stehen. Rundherum fröhliche Menschen. Im Gegensatz zu Teo und mir, scheinen auch die vier ein lockeres, unverfängliches Gesprächsthema gefunden zu haben. Ihre Gesichter sprechen eine eindeutige Sprache. Und die Gin Tonics in ihren mit Eiskugeln (in denen Johannisbeeren eingefroren zu sein scheinen), Rosmarin oder Gurke dekorierten Gläsern scheinen ihr übriges zur guten Stimmung beizutragen. 

Das Leben ist zu kurz um schlechten Wein zu trinken!
Das Leben ist zu kurz um schlechten Wein zu trinken!

„Isst du jeden Tag Schnitzel oder auch ab und zu mal eine Pizza, Spaghetti Vongole oder einen griechischen Salat?“ frage ich Teo mit einem Augenzwinkern. „Klar! Nur mit den Muscheln habe ich es nicht so. An die Dinger kann ich nicht ran. Und hör mir erst mit schwarzen Nudeln auf. Einfach eklig! Unseren Thai musst du mal ausprobieren. Der ist der Hammer!“ ist sein Antwort.

Puh! Das Eis zwischen uns scheint zu brechen. Zum Glück!

„Siehst du, wie beim Essen mag ich auch die Abwechslung zwischen verschiedenen Typen und Richtungen wen es um Weine geht. Zum Beispiel zeigt unser australischer Pinot Grigio einen ganz eigenen Charakter, der sich von dem seiner italienischen Artgenossen, die du vielleicht kennst, deutlich unterscheidet. Das bedeutet aber nicht, dass ich keine italienischen Weine trinke. Ich mag es spontan und lasse den Moment entscheiden. Du weißt doch: Wer zuviel denkt lebt ungesund.“

 

„Und jetzt“ sage ich „steht mir der Sinn nach einem kalten, hellen Bier aus Franken. Dir auch? Komm schon, ich lade dich ein“. 

Im Wein geht ein Stück von der Seele des Landes, aus dem er kommt, auf den über, der ihn trinkt."
(Giacomo Bologna)

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Kommentare: 1
  • #1

    Dorothea (Donnerstag, 21 November 2019 22:15)

    Wie schön, dass hier nicht nur die Barrieren in unseren Köpfen für ein entspanntes und genussfreudiges Leben aufgedeckt werden, sondern am Ende auch noch überwunden werden. Prost oder zum Wohl - mit Bier, einem Cocktail oder einem schönen, gut gemachten Wein - ich habe gerade zum ersten Mal den Angullong Shiraz Viognier im Glas, und bin (obwohl sonst auch eher eine Alte-Welt-Weintrinkerin mit Vorliebe für Frankreich) davon mehr als angetan. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich ihn von einem Syrah von der Rhône unterscheiden könnte in einer Blindverkostung. Wunderbar würzig-pfeffrig, so wie man/frau diese Rebsorte eben liebt!